Hans Bunge und Bernhard Brzeski installieren:

während 
der 21. kulturellen Landpartie vom 13. bis 24. Mai 2010 im Garten der Villa Wendland 





Inbetriebnahme der Streckmetallstauchapparatur am:

13., 14., 15. und 16. Mai 2010 jeweils um 15.30 Uhr


Als am 9.November 2009 der 20. Jahrestag der Öffnung der Grenze zwischen Ost und West gedacht wurde war die Freude auf beiden Seiten riesengroß. Gefeiert wurde die Beseitigung einer fast unüberwindlichen Mauer, die als "Berlin Wall" im internationalen Sprachgebrauch als Symbol für die Teilung der großen Machtblöcke NATO und Warschauer Pakt stand, gefeiert wurde aber auch die Öffnung der Grenze, die sich durch ganz Europa vom Nordmeer bis zum Schwarzen Meer erstreckte.

Zwischen den beiden deutschen Staaten verlief diese Grenze zwischen dem Privall an der Ostsee und dem Vogtland. Sie bestand aus einem Zaun, der aus je zwei oder drei Streckmetallgittern von der Größe 145x340cm, die, übereinander montiert mit Stacheldraht zwischen Betonpfeilern die Grenze markierten. Selbstschußanlagen, Minenfelder, Wachttürme und Scheinwerfer und "500 m freies Schussfeld" machten diesen "Todesstreifen" fast unüberwindlich.

Die Grenzanlagen wurden schon bald nach der "Wende" abgebaut.
Die sogenannten "Grenz-Matten" des ehemaligen Zaunes aus Streckmetall finden seitdem wegen ihrer außerordentlichen Stabilität (!) vielfältige Verwendung in der unmittelbaren Nachbarschaft als Kleintierkäfig oder Erdsieb im Sinne des Satzes:
"Schwerter zu Flugscharen".
Der ehemals 500 m nicht bewachsene Grenzstreifen entwickelte sich zu einem bedeutenden Biotop für seltene Tier- und Pflanzenarten und wird von Naturfreunden und Fahrradtouristen europaweit geschätzt.
Auch wenn heute im 20. Jahr der Wiedervereinigung nur noch wenige Zeugen dieser Grenze als Gedenkstätten oder im musealen Kontext real erhalten sind, gibt es viele Gründe zur Annahme, daß eine imaginäre Grenze immer noch viele Bürger aus den alten und neuen Bundesländern trennt. In dem aktuellen Jahrbuch des Instituts für Demoskopie Allensbach "geht es um die unterschiedlichen Befindlichkeiten zwischen Ost und West, die (...) von Vorurteilen geprägt ist. Allensbach-Chefin Renate Köcher geht deshalb davon aus, daß es noch 20, 30 Jahre dauern wird, bis die Einheit im praktischen Leben vollendet ist." ( Hamburger Abendblatt vom 4.3.2010 )

Als Willy Brandt einen Tag nach dem Fall der Mauer in Berlin seinen berühmten Satz      " Nun muß zusammenwachsen was zusammengehört." sprach, konnte sich wohl niemand vorstellen, daß wir heute, 20 Jahre später von einem echten Gefühl der Zusammengehörigkeit in Ost und West weit entfernt sind.
Dieser Aspekt wird zwar immer wieder in der Öffentlichkeit beklagt, aber es gibt keine nennenswerten Fortschritte hinsichtlich einer echten nationalen Identität.
Um diesem Problem zu begegnen muß ein Prozess in Gang gebracht werden, der auf beiden Seiten die Bereitschaft fördert, sich mit diesem Thema offen auseinanderzusetzen und durch gemeinsame Anstrengungen die gegenseitigen Vorurteile abzubauen.


Dieses komplexe Thema soll in unserer Installation sinnlich-analog vermittelt werden:
ein Teil des ehemaligen Grenzzaunes, ein aus einem massiven Stahlblech hergestelltes Streckmetallgitter, wird annähernd auf das ursprüngliche Maß zusammengestaucht.
Dafür haben wir die Streckmetall-Stauchapparatur entwickelt.
Auf beiden Seiten der Apparatur wird mit Hilfe eines Hebels, einer Pleuelstange und drei Exzentern ein kammbrettartiges Segment bewegt, das in das Streckmetallgitter eingreift und es gegen ein Widerlager drückt.




Diesen Vorgang können nur zwei Personen gemeinsam und gleichzeitig und ausschließlich mit eigener Kraft vollbringen. Große Kraftentfaltung, Geduld, ständiges Nachbessern und Aufeinander hören sind notwendig um den Grenzzaun, der sich zwischen Ihnen befindet Stück für Stück zusammen zu stauchen. Nach "getaner Arbeit" wird der Blick frei, denn wo vorher ein Zaun war ist nun nur noch ein Blech, und beide Seiten können sich unbegrenzt begegnen, weil sie den Eisernen Vorhang zurückgezogen haben.

Während der 21. Kulturellen Landpartie, zwischen dem 13. und dem 24. Mai 2010 wird unsere Installation im Garten der Villa Wendland zu sehen sein.
Um den Gewinn der Kaft einen Eisernen Vohang zurückzuziehen zu erleben, laden wir Sie ein, am 13., 14., 15. und 16. Mai jeweils um 15.30 Uhr ein Stück Grenzzaun zusammen zu stauchen.

Die Villa ist ein wichtiger kultureller Veranstaltungsort auch über die Zeit der Kulturellen Landpartie hinaus und widmet sich auch Themen des innerdeutschen Dialogs. Sie liegt in der Nähe des Dorfes Güstritz ca.1500m von des ehemaligen Zonengrenze entfernt im südlichsten Teil des Landkeises Lüchow-Dannenberg. Dieser Landkreis hatte mit 144 km die längste Grenze aller anderen Landkreise zur ehemaligen DDR. "Das Wendland liegt zudem genau inmitten des Vierländerecks von Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt: der Kreis ist der geografische Mittelpunkt Norddeutschlands im Schnittpunkt der Ballungsräume zwischen Bremen, Hamburg, Lübeck und Rostock im Norden sowie Hannover, Magdeburg und Berlin im Süden." (Das Landlexikon, Lüchow 1995)
Nicht nur der Veranstaltungsort, auch der Veranstaltungrahmen sind von Belang: Die Kulturelle Landpartie engagiert sich als "Wunde(r)punkte im Wendland" seit 1989 für den Widerstand gegen das geplante Atommüll-Endlager in Gorleben und wurde zu einer wichtigen Plattform für alternative Kultur bundesweit. Zudem waren und sind gerade im Wendland die Auswirkungen der deutschen Teilung immer noch konkret spürbar und sind Gegenstand von Kunstprojekten wie das hier Dargestellte.
















die Konstrukteure
erfinden-entwickeln-ergötzen
Hans Bunge und Bernhard Brzeski
Atelierhaus Nöltingstrasse 49a
22765 Hamburg
04039906668 und 0404221843